Bild: Tyler Nix auf Unsplash.com
Die Ursprungsfamilie und die Schule sind die Gemeinschaften, die unsere Persönlichkeit am stärksten prägen. Die Art und Weise, wie diese Prägungen zustande kamen, ist bedeutsam für die Fähigkeit, wie leicht es Menschen als Erwachsene gelingt, anderen empathisch zuzuhören.
Menschen durchlaufen als Kinder sensible Entwicklungsphasen mit spezifischen Bedürfnissen, deren Befriedigung essenziell ist. Die Erfahrungen in diesen verschiedenen Entwicklungsphasen hinterlassen spezifische Abdrücke im Persönlichkeitsfeld von Erwachsenen. Diese zeigen sich in Form von Ideologien, Haltungen und Werten. Ein zwanghaftes Festhalten an bestimmten Glaubensmustern kann hinderlich sein, andersdenkenden Menschen empathisch zuzuhören und sich auf ihre Sichtweisen einlassen zu können.
In diesem Kapitel wird das Modell "Spiral Dynamics" mit seinen Memen vorgestellt. Es stellt die oben beschriebenen sensiblen Phasen in der Kindheit und die Ideologien Erwachsener dar. Ebenfalls wird in das Dreischichtenmodell des emotionalen Ausdrucks von Wilhelm Reich eingeführt.
Der letzte Teil dieses Kapitels beschreibt, wie sich die Beschaffenheit des Persönlichkeitsfeldes auf die wichtigsten Gemeinschaften Erwachsener auswirkt: auf Partnerschaften, Berufsteams und Interessengemeinschaften.
Ich erwähnte bereits, dass Babys mit fast uneingeschränkten Fähigkeiten, zu empfinden und sich emotional auszudrücken, auf die Welt kommen. Ich habe erläutert, wie Erfahrungen in der Ursprungsfamilie dazu führen, dass diese Fähigkeiten immer geringer werden, bis nur noch ein Ausschnitt in Form eines Persönlichkeitsfeldes übrig bleibt und die Grenzen je nach Entstehen der Begrenzung mehr oder weniger plastisch sind.
In diesem Kapitel geht es nun um sieben ganz spezifische Ausschnitte des Persönlichkeitsfeldes. Sie werden einerseits in Form von sensiblen Phasen in der Kindheitsentwicklung durchlaufen und stellen andererseits kollektive Ideologien dar, mit denen sich einzelne Menschen, aber auch ganze Menschengruppen identifizieren und die ihr Denken und Verhalten steuern. Die Themen dieser sieben «Felder» und die Beschaffenheit ihrer Grenzen zu verstehen, ist hilfreich, wenn Gemeinschaften zusammenarbeiten und miteinander etwas bewirken wollen.
Beim entsprechenden Modell handelt es sich um "Spiral Dynamics". Es geht auf den US-amerikanischen Psychologen Clare W. Graves zurückgeht und wurde vom Managementberater Don Beck weiterentwickelt. Es beschreibt die sensiblen Entwicklungsphasen in der Kindheit und zugehörige weltanschauliche Bewusstseinsebenen, die in Gemeinschaften im späteren Erwachsenenleben bedeutsam werden. Die Befriedigung der Bedürfnisse in den einzelnen Entwicklungsphasen ist wichtig für eine gesunde Entwicklung und maßgebend dafür, wie sich das Persönlichkeitsfeld eines Menschen als Erwachsener zeigt.
So wie Gene körperliche Merkmale weitervererben, sind Meme mental tief verankerte Überzeugungen, die an Kinder weitergegeben werden oder in Kulturen und Gemeinschaften in Form von Glaubensüberzeugungen manifest wirksam sind. Ein einzelnes Mem folgt auf das vorherige und integriert es. Jedes Mem ist im Beck’schen Modell farblich gekennzeichnet und kann einen gesunden oder kranken Ausdruck annehmen. Die Abfolge der einzelnen Meme pendelt immer zwischen den Polen Autonomie und Verbundenheit mit anderen Menschen, also zwischen den beiden elementaren menschlichen Bedürfnissen, hin und her.
Thema des beigen Mems ist das körperliche Überleben, die physische Existenz nach der Geburt bis zum Ende des ersten Lebensjahres. Das Kind war vor seiner Geburt laufend in einem Zustand der Geborgenheit und unmittelbaren Befriedigung seiner existenziellen körperlichen Bedürfnisse. Nach der Geburt ist dies nicht mehr automatisch gewährleistet. Nun hat das Baby Hunger und Durst und muss warten, bis es gestillt wird; es fühlt sich alleine und muss warten, bis seine Mutter ihm emotionale und körperliche Nähe gibt. Ihm ist kalt, was es vor der Geburt nicht erlebt hatte, es muss selbst atmen und essen. In der Phase des beigen Mems geht es um die Befriedigung grundlegender physiologischer Bedürfnisse nach Nahrung, Wasser, Luft, Schlaf, Gesundheit, Unterkunft, Kleidung, Wohnraum etc.
Das beige Mem ist im Erwachsenenalter in unseren Breitengraden selten präsent oder für Entscheidungen maßgebend, weil normalerweise unsere physiologischen Grundbedürfnisse gut befriedigt sind. Geraten Menschen jedoch in besondere Lebenssituationen, die ihre körperliche Existenz infrage stellen, rückt das beige Mem wieder ins Bewusstsein – zum Beispiel nach einem Unfall, bei einer schweren Krankheit oder einem Todesfall im Bekanntenkreis.
Erwachsene, die als Babys existenzielle Bedrohungen erlebt haben, sind oft auch als Erwachsene eher ängstlich, fühlen sich rasch bedroht und können sich schlecht auf neue Situationen einlassen.
Die Stärke der beige-memetischen Weltanschauung ist die Achtsamkeit auf die existenziellen Bedürfnisse von Menschen, die einem anvertraut sind oder mit denen man zusammenlebt.
Entwicklungspsychologisch ist das violette Mem in den ersten zwei bis drei Lebensjahren prägend. Die sichere Bindung an die wichtigsten Bezugspersonen, das Verbunden- und Aufgehobensein stehen im Zentrum der frühkindlichen Bedürfnisse dieses Alters. Kinder fühlen sich zugehörig, sicher und aufgehoben, sie haben Halt durch Rituale und Traditionen. Nachdem beim beigen Mem die elementaren körperlichen Bedürfnisse gesichert werden konnten, geht es beim violetten Mem um die Gewährleistung der emotionalen Bindungssicherheit. Die Abgrenzung als Individuum ist noch nicht wichtig, sondern die Zugehörigkeit und die Bindungssicherheit. Rituale geben Halt und Orientierung.
Erwachsene mit einer violetten Weltanschauung sehen die Welt durch die Brille, dass alles gut war, wie es früher war, dass es so sein soll, wie sie es in ihrer frühen Bindungszeit als richtig erlebt hatten. Der Zusammenhalt in der Familie, emotionale Zugehörigkeit mit den wichtigsten Bezugspersonen stehen vor individueller Freiheit und Selbstverwirklichung.
Erwachsene, die auf violett-memetische Sichtweisen fixiert sind, werden individuelle Bedürfnisse, Veränderung traditioneller Ansichten oder Vorgehensweisen ablehnen. Alles soll so bleiben, wie es immer war.
Die Stärke der violett-memetischen Sichtweise ist, dem Bindungsbedürfnis und der Wertschätzung von Traditionen und Ritualen Beachtung zu schenken.
Machen Kinder vertrauensvolle Bindungserfahrungen und erleben sie emotionale Sicherheit in ihren ersten Lebensjahren, dann können sie mit Zuversicht, Vertrauen und Kraft in die nächste Autonomie-Entwicklungsphase eintauchen. Diese wurde früher Trotzphase genannt, heute Ich-Entwicklungsphase. Kinder entdecken, dass sie nicht mehr einfach symbiotisch mit ihren nächsten Bezugspersonen verbunden sind, sondern eigene Ideen und Bedürfnisse haben, und erleben sich selbst als unabhängige Wesen.
Beim roten Mem geht es um Kraft, Individualität, Macht und Sieg. Die Einbindung in die Zugehörigkeit der Ursprungsgemeinschaft und in die Halt gebenden Traditionen engen Kinder in dieser Entwicklungsphase ein, auch wenn sie immer wieder gerne in den Sicherheit bietenden Hafen der elterlichen Geborgenheit zurückkehren – gerade dann, wenn sie einmal eine Niederlage statt eines Sieges einstecken mussten. Kinder zwischen etwa zwei und fünf Jahren streben in dieser sensiblen Phase nach Unabhängigkeit und individueller Freiheit und setzen sich mit aller Kraft und Macht dafür ein.
Erwachsene mit einer rot-memetischen Weltanschauung sehen die Welt als Feld, das für ihre Selbstverwirklichung zur Verfügung steht. Das heißt auch als Ort, in dem es Feinde gibt, die ihnen den Platz des Siegers streitig machen können und bezwungen werden müssen. So müssen sie um jeden Preis Recht haben und gewinnen.
Erwachsene, die auf rot-memetische Sichtweisen fixiert sind, müssen ihre Kinder beherrschen – auch wenn sie dies sicher mit etwas gesellschaftskompatibleren Worten umschreiben würden. Sie können es nicht zulassen, dass die Kinder sich einmal durchsetzen können. Dies hat zur Folge, dass diese genau in der sensiblen Phase des roten Mems nicht die erforderlichen Erfahrungen für ihre Autonomieentwicklung machen können. Sie erleben statt Kraft, Individualität und Macht Ohnmacht, weil ihre Eltern sich durch ihre rot-memetische Weltsicht bedroht fühlen. Kinder, die in dieser Entwicklungsphase Ohnmacht erlebten, haben zwei Möglichkeiten darauf zu reagieren: 1. Sie werden selbst zu Machtmenschen, um nie mehr Ohnmacht erleben zu müssen. Die rot-memetische Weltsicht reproduziert sich dadurch. 2. Sie verinnerlichen ihr Gefühl der Ohnmacht und leben als Erwachsene abgeschnitten von den eigenen Impulsen und der eigenen Kraft. Fatal wird es, wenn Eltern auf diese Art und Weise ihren eigenen Kindern begegnen, wenn diese in die rot-memetische Ich-Entwicklungsphase kommen und kein Gegenüber da ist, das den kindlichen Kraftimpulsen gegenübertritt. Kinder machen dadurch Allmachtserfahrungen, und statt Menschen mit einer gesunden Individualität und Impulsivität entstehen asoziale Egozentriker.
Der kommerzielle Leistungssport ist ein Ausdruck des roten Mems. Allein der Sieg zählt. Als die argentinischen Spieler bei der Fußballweltmeisterschaft im Finale gegen Deutschland 2014 als Verlierer die Silbermedaillen entgegennahmen, taten sie dies nicht mit Freude über den zweiten Platz, sondern mit hängenden Köpfen, weil sie nicht Erster geworden sind. Beim roten Mem zählt nur der Sieg.
Die Stärke der rot-memetischen Lebenseinstellung ist die Kraft, Dinge anzupacken und umzusetzen. Menschen mit dieser Haltung kümmern sich nicht darum, was andere von ihnen halten, sondern folgen ihrem eigenen Impuls mit voller Power.
Die meisten Kinder entwickeln im späten Kindergartenalter bis zum Beginn der Schulzeit ein ausgeprägtes Interesse an den Regeln ihrer Gemeinschaft. Das sind die Momente am Familientisch, wenn Kinder vehement ihren Eltern widersprechen, oder in der Schule, wenn sie sich für die Regeln in ihrer Schulklasse stark machen oder die Ansicht ihrer Lehrerin verteidigen. Konnten Kinder in der rot-memetisch sensiblen Phase ihre Ich-Entwicklung nicht ausreichend ausleben, wurden ihre Impulse unterdrückt oder standen keine Bezugspersonen als starkes Gegenüber zur Verfügung, geschieht es leicht, dass Kinder mit ihrem Macht- und Ohnmachtsthema weiter beschäftigt sind. Es ist ihnen dann fast unmöglich, sich für die Themen des blauen Mems zu öffnen.
Menschen mit Zugang zum blauen Mem erkennen, dass sie weiterkommen, wenn sie die Alleingänge und egozentrischen Rechthabereien rot-memetisch fixierter Menschen überwinden. Sie tun sich mit anderen Menschen zusammen, akzeptieren Autoritäten und ordnen sich vereinbarten Normen und Regeln unter. Klare Hierarchien und Strukturen, denen sie sich unterordnen können, bieten ihnen Sicherheit, Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und gemeinsame Stärke. Damit können sie sich auch zur Wehr zu setzen, wenn Andersdenkende ihre Weltordnung ins Wanken bringen wollen.
Sind Erwachsene zu sehr mit dem blauen Mem identifiziert, sehen sie in Regeln, Normen und Gesetzen die Lösung für alle Herausforderungen im Leben, im Beruf und in Beziehungen. Geraten bestehende Abmachungen oder Regeln ins Wanken, werden sie aufs Tiefste verunsichert. Gibt es Schwierigkeiten, brauchen sie Regeln. Verschiedene Optionen oder Gefühle kommen nicht als Orientierung für Entscheidungen infrage.
Die Verlässlichkeit von Abmachungen und Regeln kann für Menschen, die in der rot-memetischen Prägungsphase erlebt haben, dass ihre spontanen und kraftvollen Impulse unterdrückt wurden, ein Rettungsanker sein, mit dem sie doch noch zu ihrem Recht kommen.
Die Stärke des blauen Mems liegt darin, Dingen und Abläufen eine Ordnung zu geben, an der sich andere orientieren können. Damit kann das Zusammenleben vereinfacht werden und ein gewisses Maß an Sicherheit und Stabilität geschaffen werden.
Wenn Kinder nicht mehr ängstlich nach dem violetten Geborgenheitsrock der Mutter greifen, um den ersten Platz auf dem roten Teppich des Kindergartens kämpfen oder sich fast zwanghaft den blauen Regeln der Schulklasse unterordnen müssen, dann öffnen sich im Grundschulalter auf einmal Entdeckerräume. Wie funktioniert dies, wie könnte man das auch noch machen? Die Neugierde, eine neue Phase der tausend Fragen kommt noch einmal zum Vorschein – wenn die Schul- und Lebenswelt der Kinder dafür entsprechend einladend gestaltet ist.
Wie beim Schritt vom violetten zum roten Mem, ist die Entwicklung vom blauen zum orangen Mem ein Schritt von der Gemeinschaft zur Autonomie. Allerdings hier nicht, um persönliche Macht zu gewinnen, sondern um das Leben, die Gemeinschaft, auch das eigene Wohlbefinden besser und angenehmer zu gestalten. Mit «schneller, besser, erfolgreicher» könnte man die orange Weltanschauung beschreiben. Sie stellt die starren Regeln und Normen des blauen Mems infrage und sucht nach Ideen, wie Abläufe und Prozesse erfolgreicher ablaufen und Leistungen durch Innovation gesteigert werden können.
Erwachsene mit einem ausgeprägten orange-memetischen leistungsorientierten Weltbild sind oft angstgetrieben. Sie glauben, ihre Leistung könnte nicht ausreichen, um geliebt, anerkannt, reich oder erfolgreich zu sein. Sie müssen immer besser sein, immer mehr können oder erreichen.
Die Stärke des orangen Mems liegt in der Offenheit für Neues, im Mut, andere Möglichkeiten zu suchen, bisher Bekanntes loszulassen und sich Unbekanntem zu öffnen.
Im Pubertätsalter lösen sich Jugendliche in ihrer Werteorientierung immer mehr von ihrer Ursprungsfamilie. Stattdessen interessieren sie sich für die Werte ihrer Peergroup. Sie lehnen sich gegen bestehende Hierarchien auf, sind nicht mehr bereit, die violetten Traditionen ihrer Familie mitzutragen. Sie sind nicht mehr bereit, dem roten Durchsetzungsvermögen ihrer Eltern Folge zu leisten, stellen die blauen Regeln und Normen der Erwachsenen infrage und wägen sehr genau ab, welchen der ehrgeizigen Ziele ihrer Eltern sie folgen wollen oder wann sie sich eigenen Gefühlswelten oder denjenigen ihrer Clique zuwenden.
Das grüne Mem ist das soziale Mem. Es fragt danach, wie es den Menschen geht, was sie brauchen, damit es ihnen gutgeht. Es lehnt die starren blauen Strukturen und Hierarchien ab, es möchte auch keinen orangenen Fortschritt, der die Menschlichkeit und Umwelt opfert. Es glaubt, dass Basisdemokratie allen Mitgliedern einer Gemeinschaft am besten gerecht wird. Der menschliche Zusammenhalt, das Gemeinschaftsgefühl stehen über allem. Erwachsene mit einem starken grün-memetischen egalitären Weltbild lehnen Hierarchien ab und versuchen, dies zumindest in denjenigen Lebensbereichen umzusetzen, in denen sie die Möglichkeit dazu haben. Andere Menschen empathisch wahrzunehmen, wird wertvoller als strukturiertes blaues Denken oder auf Leistung sinnendes oranges Streben. Was fühlbar ist, muss nicht auch noch beweisbar sein.
Die Stärke des grünen Mems liegt im Einfühlungsvermögen der Menschen. Sie versuchen ihr Gegenüber zu verstehen, auch wenn es eine andere Meinung hat. Sie versuchen Lösungen anzustreben, bei denen niemand als Verlierer hervorgehen muss.
Der amerikanische Philosoph Ken Wilber beruft sich in seiner integralen Theorie stark auf "Spiral Dynamics" und schätzt, dass rund ein Prozent der Weltbevölkerung über eine gelb-memetische Sichtweise verfügt.
Als integral wird die Weltsicht des gelben Mems deshalb bezeichnet, weil sie kein auf ein bestimmtes Mem fixiertes Weltbild hat. Dies unterscheidet es von all den bisher vorgestellten Weltanschauungen und daher kann man ihm auch keine sensible Phase in der Kindheit zuordnen. Das gelbe Mem erkennt die Bedeutung des violetten Mems für Rituale und Traditionen an, und für Präsenz und Konstanz, die für eine zuverlässige Bindung nötig sind. Es schätzt die Kraft des roten Mems, das für die produktive Umsetzung von Ideen gebraucht wird. Das blaue Mem nutzt es, wenn es darum geht, dem innovativen Kreativitätsfluss des orangen Mems durch Struktur eine produktive Richtung zu geben. Und die Empathie des grünen Mems ist ihm ebenso zugänglich wie selbstverständlich. Das Denken des gelben Mems ist ein Sowohl-als-auch und kein Entweder-oder. Es sucht Lösungen unter Einbezug aller systemischen Gegebenheiten. Aus diesem Grund bildet das gelbe Mem kein sich von den anderen Memen abgrenzendes, sondern ein sie einschließendes Feld.
Erwachsene, die die Welt gelb-memetisch betrachten, sehen Möglichkeiten, denen sie sich gerne hingeben möchten und die sie ausloten und erforschen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Sie lieben das Spielen mit Ideen, sie sind in der Lage Vor- und Nachteile von Sichtweisen zu erörtern. Ebenfalls sind sie fähig, Menschen mit memetischen Sichtweisen von beige bis grün zu verstehen und auf sie einzugehen.
"Spiral Dynamics" ist ein evolutionäres, integrales Modell. Das heißt, der Wert des menschlichen Bindungsbedürfnisses verschwindet nicht einfach, wenn ein Kind im Alter von drei Jahren in seine rot-memetisch sensible Phase kommt, sondern wird in sie integriert. Genauso verhält es sich mit dem Bedürfnis nach Ritualen und Traditionen (violett), der Kraft, sich durchzusetzen (rot), der Einhaltung von Strukturen, Regeln, Abmachungen und Verbindlichkeiten (blau), der Offenheit für Veränderungen und Weiterentwicklung (orange) sowie der Fähigkeit, Empathie und Menschlichkeit zu empfinden (grün). Don Beck beschreibt in seiner Theorie von «Spiral Dynamics» noch weitere Meme, die in diesem Buch aber nicht bedeutsam sind.
Für die Fähigkeit, mit anderen Menschen co-kreativ wirksam zu werden, sind das violette, rote und grüne Mem von besonderer Bedeutung. Um zu verstehen, was andere Menschen denken, fühlen und wollen, braucht es die Fähigkeit, sich ihnen emotional zuwenden zu können, mit ihnen eine Verbindung einzugehen und ihnen zu vertrauen (violettes Mem). Die Verankerung der Bindungssicherheit in der sensiblen Phase des violetten Mems erlaubt es, sich anderen Menschen hingebungsvoll zuzuwenden und sich auf gemeinsame Anliegen und Prozesse einzulassen. Die Bindungsfähigkeit ermöglicht es auch, sich ausgehend von einem "Ich" als ein "Wir" auf eine gemeinsame Intention zu verständigen. Erfahren Kinder während der sensiblen Phase des violetten Mems zu wenig Geborgenheit und Zuwendung, entsteht oft keine Bindungssicherheit. Dies kann zwei Einstellungen hervorrufen, die meist bis ins Erwachsenenleben weitergetragen werden: 1. Ich kann alleine nichts, oder 2. Ich muss alles alleine schaffen. Der erste Typus sucht auch als Erwachsener immer noch nach der Erfüllung seiner Sehnsucht, dass jemand ganz und gar für ihn da ist. Ihm fehlt die Erfahrung, satt von Zuwendung und Geborgenheit zu sein. Er kennt das Gefühl nicht, wenn er genug hat, und glaubt auch nicht, selbst dafür sorgen zu können. Man kann sich leicht vorstellen, dass Menschen in zwischenmenschlichen Beziehungen und co-kreativen Gemeinschaftsprozessen aus einer solchen Haltung heraus glauben, andere zu brauchen, um etwas zustande zu bringen. Der zweite Typus hat zwar auch nicht genügend Fürsorge, Geborgenheit und Verbundenheit erlebt. Er geht nur anders mit seinem Mangelgefühl um. Den Schmerz über seine unerfüllte Bedürftigkeit überdeckt er mit der Strategie, niemanden zu brauchen und alles selbst zu können. Einem Menschen, der das glaubt, fällt nicht nur der Zugang zu seinen Gefühlen schwer, sondern er tut sich meist auch schwer, sich gemeinsam mit anderen in einen co-kreativen Prozess zu begeben.
Die sensible Phase des roten Mems erfolgt unmittelbar nach der des violetten Mems. Der Drang nach Unabhängigkeit und Eigenständigkeit fällt entwicklungspsychologisch und zeitlich mit dem Beginn der Kindergartenzeit zusammen. Die Dynamik zwischen den Sozialisierungszielsetzungen dieser Institution (und auch der darauffolgenden Schule) und dem Autonomiedrang des roten Mems, ist Thema des folgenden Kapitels.
Vielen Dank für Ihr Interesse an diesem Inhalt!
Bitte melden Sie sich mit Ihren Benutzerdaten an bzw. registrieren Sie sich , um Zugang zu diesem Inhalt und allen anderen kostenfreien Inhalten zu erhalten.
Daniel Hunzikers Buch "Gemeinsam über sich hinauswachsen" behandelt Co-Kreativität als das gemeinsame Erschaffen im Miteinander, entstehend sowohl durch die authentische Verbindung mit uns selbst als auch durch die Akzeptanz der Andersartigkeit unserer Mitmenschen.
In diesem Kapitel des Buches stellt der Autor das Modell "Spiral Dynamics" mit seinen Memen vor. Es stellt die sensiblen Phasen in der Kindheit und die Ideologien Erwachsener dar. Ebenfalls wird in das Dreischichtenmodell des emotionalen Ausdrucks von Wilhelm Reich eingeführt.
Der letzte Teil dieses Kapitels beschreibt, wie sich die Beschaffenheit des Persönlichkeitsfeldes auf die wichtigsten Gemeinschaften Erwachsener auswirkt: auf Partnerschaften, Berufsteams und Interessengemeinschaften.
Co-Creativität. Gemeinsam über sich hinauswachsen - Interview mit Daniel Hunziker
Zulassen - Umgang mit Angst, Ärger, Wut, Traurigkeit und Scham - von Rick Hanson
Wie man im gegenwärtigen Augenblick zu sich selbst zurückfindet - von Ulrich Pfeifer-Schaupp
Eros, Sex und die Regeneration der Welt - John Welwood im Gespräch mit Paul Shippee
Mit Achtsamkeit erkennen, was wirklich wichtig ist - Interview mit Jon Kabat-Zinn
Vollständig lebendig: Wie wir durch die Einsichtspraxis Mitgefühl entwickeln und Freiheit finden können - Webinar-Serie mit Tim Desmond
Sensory Awareness – Aufgeschlossen leben - Webinar-Serie mit Stefan Laeng
Sensory Awareness – Aufgeschlossen leben - kostenloses Einführungswebinar mit Stefan Laeng
Viele Türen, ein Raum. Achtsamkeitsmeditationen und Dialoge – Webinar-Serie mit Jon Kabat-Zinn
Achtsam wie ein Buddha. Mit Meditation und Neurowissenschaft zum wahren Selbst - von Rick Hanson
Achtsamkeit, Potenzialentfaltung und Co-Kreativität – Gespräch zwischen Gerald Hüther, Daniel Hunziker und Usha Swamy
Die inneren Drachen zähmen - kostenloses Webinar mit Lienhard Valentin
Achtsame Kommunikation und inneres Wachstum - kostenloses Webinar mit Annett Zupke und Nadine Helm
Ruhe da oben! Wege zu einem gelassenen Geist - kostenloses Webinar mit Andreas Knuf
Konflikt als Chance – Bruch und Reparatur in der Beziehung - kostenloses Webinar mit Berenice Boxler
Kraftquellen in schwierigen Zeiten - das Gehirn für Resilienz und Wohlbefinden verändern - kostenloses Webinar mit Rick Hanson
Freundschaft schließen mit sich selbst - dreiteilige Webinar-Serie mit Lienhard Valentin
Gewöhnlich sein – eine außergewöhnliche Gabe - dreiteilige Webinar-Serie mit Ronald Siegel
Ins Selbst kommen - von Bonnie Weiss, gesprochen von Usha Swamy
Beschützer würdigen - von Bonnie Weiss, gesprochen von Usha Swamy
Verbindung zum Körper aufnehmen: Den Zugang zur Selbstenergie stärken - von Heike Mayer
Schwierige Gefühle wahrnehmen, ohne von ihnen überschwemmt zu werden - von Heike Mayer
Mit den Eltern-Anteilen in Kontakt kommen - von Anne Hackenberger
Eine Teile-Karte zeichnen - IFS-Übung von Übung von Richard C. Schwartz
Erwachen in der Wildnis - Achtsamkeitspraxis im Herzen der Natur - zweiteilige Webinar-Serie mit Mark Coleman
Konflikte achtsam lösen - dreiteilige Webinar-Serie mit Olga Klimecki
Frieden schließen – mit der inneren und der äußeren Welt - dreiteilige Webinar-Serie mit Pascal Auclair
In Balance – wie du das Nervensystem regulierst und dein Gleichgewicht wiederfindest - dreiteilige Webinar-Serie mit Nicole Zijnen
Das wahre Glück verstehen: Erkenntnisse aus der buddhistischen Psychologie – Webinar mit Ha Vinh Tho
Achtsamkeit im Alltag – der eigenen inneren Weisheit vertrauen - dreiteilige Webinar-Serie mit Lienhard Valentin und Ayscha Lucas-Gesing
Bild ganz oben: Tyler Nix auf Unsplash.com